US-Einwanderungsvisa und Greencard bei Verurteilungen und Vorstrafen

US-Einwanderungsvisa und Greencard bei Verurteilungen und Vorstrafen

22.02.2018

In loser Folge stellen wir Ausnahmegenehmigungen vor, die benötigt werden, wenn Antragsteller für ein US-Visum eine Vorstrafe aufzuweisen haben. Im Blogbeitrag „US-Einreisesperre aufgrund von Verurteilungen und Vorstrafen“ haben wir bereits aufgezeigt, dass in vielen Fällen, in denen eine Vorstrafe vorliegt – auch wenn sie nicht (mehr) im Führungszeugnis steht, ein Einreiseverbot in die USA besteht. Im Blogbeitrag „Ausnahmegenehmigung für Nichteinwanderungsvisa bei Verurteilungen und Vorstrafen“ beschäftigten wir uns mit der Ausnahmegenehmigung für Nichteinwanderungsvisa. 

Im folgenden Beitrag steht die wegen einer Vorstrafe erforderliche Ausnahmegenehmigung für Einwanderungsvisa, der sog. I-601-Waiver, im Fokus. I-601 ist die Nummer des Formulars, das in diesem Zusammenhang ausgefüllt werden muss.

Welche Vorstrafen sind problematisch?

Hat der Antragsteller Straftaten begangen, die Vorsatz zur Voraussetzung haben und insgesamt „moralisch verwerflich“ („moral turpitude“) sind (s. Blogbeitrag „ESTA und ‚Straftaten gegen die Sittlichkeit’, d.h. ‚Crimes Involving Moral Turpitude’“), ist er zunächst „inadmissible“, d.h. er benötigt eine Ausnahmegenehmigung, um ein Einwanderungsvisum zu erhalten. Über die Ausnahmegenehmigung entscheidet eine andere Behörde als das Konsulat. Die Voraussetzungen für eine Ausnahmegenehmigung für ein Einwanderungsvisum sind sehr viel strenger als bei Nichteinwanderungsvisa.

Ein einfacher Ladendiebstahl oder auch eine Steuerhinterziehung können ein „crime involving moral turpitude“ („CIMT“) darstellen, weil diese als moralisch verwerflich gewertet werden und Vorsatz zur Voraussetzung haben. Ein Paradebeispiel, bei dem nach dem Recht der meisten US-Staaten kein Vorsatz erforderlich ist, ist die Trunkenheitsfahrt „driving under influence“ („DUI“). Dementsprechend gilt eine einfache DUI-Verurteilung grundsätzlich nicht als ein CIMT.

Wie läuft das Antragsverfahren bei Vorstrafen ab?

Auch beim I-601-Waiver gilt: Maßgeblich dafür, ob eine Vorstrafe vorliegt, ist nicht, ob der Betreffende einen Eintrag im Führungszeugnis hat oder sich nach deutschem Recht als „unbestraft“ bezeichnen darf. Die Frage nach der Vorstrafe ist alleine nach US-Recht zu beurteilen.

Das Verfahren zur Erlangung eines Einwanderungsvisums ist in der Regel zweigeteilt. Im ersten Schritt ist bei der USCIS eine sog. Petition einzureichen – in der Regel von einem US-Familienmitglied oder vom potentiellen US-Arbeitgeber. Sollte die Petition gebilligt werden, folgt in einem weiteren Schritt – soweit sich der Antragsteller außerhalb der USA aufhält – die Beantragung des Einwanderungsvisums. Die Ausnahmegenehmigung ist Bestandteil dieses zweiten Schritts. Aber auch wer die Option hat, die Greencard über ein „adjustment of status“ zu erlangen, weil er sich legal in den USA befindet und ggf. weitere Voraussetzungen erfüllt, benötigt einen I-601-Waiver, um die Greencard zu erhalten.

Anders als bei der Ausnahmegenehmigung für ein Nichteinwanderungsvisum gibt es für die Beantragung einer Ausnahmegenehmigung im Zusammenhang mit einem Einwanderungsvisum ein spezielles Formular, das miteingereicht werden muss (Formular I-601).

Wann wird keine Ausnahmegenehmigung erteilt?

Keine Ausnahmegenehmigung wird erteilt, wenn sich der Antragsteller wegen vollendeten oder versuchten Mordes oder wegen Taten, die in Zusammenhang mit Folter stehen, strafbar gemacht hat. Auch die Beteiligung an solchen Taten disqualifiziert den Antragsteller für eine Ausnahmegenehmigung und damit für ein Einwanderungsvisum.

Eine Ausnahmegenehmigung wird auch nicht erteilt, wenn der Antragsteller sich eines Drogendeliktes schuldig gemacht hat, es sei denn, dass es sich bei dem Delikt um einen einmaligen Verstoß oder um den Besitz von nicht mehr als 30 Gramm Marihuana gehandelt hat.

Eine Ausnahmegenehmigung wird unter Umständen einem Antragsteller ebenfalls nicht erteilt, wenn er in der Vergangenheit schon einmal eine Greencard erhalten hat und dann entweder wegen einer schweren Straftat („aggravated felony“) verurteilt oder abgeschoben worden ist und davor noch keine sieben Jahre legal in den USA gelebt hatte („lawfully resided continuously in the United States for not less than 7 years“). 

Voraussetzungen für eine Ausnahmegenehmigung für Einwanderungsvisa

Eine Ausnahmegenehmigung kann grundsätzlich unter zwei Gesichtspunkten erteilt werden:

  • Die Straftat  des Antragstellers liegt mindestens 15 Jahre zurück, er wurde  in irgendeiner Form rehabilitiert und die Visumserteilung bzw. die Einreise und der Aufenthalt in den USA stehen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nicht entgegen („would not be contrary to the national welfare, safety, or security“).

oder

  • Der Antragsteller ist Ehegatte, Vater/Mutter oder Sohn/Tochter eines US-amerikanischen Staatsbürgers oder Greencardinhabers ist, und die Verweigerung der Einreise und des Aufenthalts für diesen US-Staatsbürger oder Greencardinhaber eine außergewöhnliche Härte („extreme hardship“) bedeuten.

Im Zusammenhang mit einer sog. VAWA-Petition, d.h. wenn die Petition auf Grundlage der Misshandlung bzw. der grausamen Behandlung des Ausländers durch einen verwandten US-Staatsbürger (Ehegatte, Ex-Ehegatte, Elternteil, Sohn/Tochter) oder Greencardinhaber (Ehegatte, Ex-Ehegatte, Elternteil) eingereicht wird, werden keine besonderen Voraussetzungen an die Erteilung der Ausnahmegenehmigung gestellt.

Was bedeutet „extreme hardship“?

Dieser Begriff ist leider nicht definiert; es wird immer anhand der Umstände des Einzelfalls geprüft, ob „extreme hardship“ für den US-Staatsbürger oder Greencardinhaber gegeben wäre, falls der Antragsteller keine Greencard erhielte.

Unabdingbare Voraussetzung für die Annahme von „extreme hardship“ ist, dass der US-Staatsbürger oder Greencardinhaber nicht ohne den Antragsteller in den USA leben kann und auch nicht einfach zum außerhalb der USA lebenden Antragsteller ziehen kann.

Als mehr oder weniger schwerwiegende und überzeugende Gründe für das Vorliegen von „extreme hardship“ kommen z.B. in Betracht:

  1. Schwere Erkrankungen des US-Staatsbürgers oder Greencardinhabers, die einen Umzug unmöglich und es erforderlich machen, dass der Antragsteller Hilfe bei der Bewältigung des Alltags leistet
  2. Pflegebedürftigkeit im Alter des US-Staatsbürgers oder Greencardinhabers
  3. Finanzielle Abhängigkeit des US-Staatsbürgers oder Greencardinhabers vom Antragsteller
  4. Besondere politische Lage im Heimatland des Antragstellers
  5. Im Zusammenhang mit Kindern: schlechtes Bildungssystem im Heimatland des Antragstellers
  6. Berufliche Qualifikation des US-Staatsbürgers oder Greencardinhabers ist auf die USA zugeschnitten und außerhalb kaum verwertbar (z.B. ggf. bei einem US-Steuerberater oder US-Prozessanwalt)
  7. Hohe Kriminalitätsrate im Heimatland des Antragstellers
  8. Pflegebedürftigkeit der Eltern des US-Staatsbürgers oder Greencardinhabers

Das Vorliegen der Gründe sollte auch durch Nachweise (medizinische Atteste, Fotos, Sachverständigengutachten, Schreiben unabhängiger Dritter u. ä.) belegt werden.

Was ist unter „rehabilitiert“ zu verstehen?

Der oben angesprochene Begriff der Rehabilitation ist nicht definiert. Eine „rehabilitation“ kann ggf. darin gesehen werden, dass eine Eintragung im Bundeszentralregister getilgt worden ist. In unserer täglichen Praxis sehen wir immer wieder, dass vor allem Nachweise über die Änderung der eigenen Lebensumstände erbracht werden müssen. Nachweise zu einem erfolgreichen Drogen- oder Alkoholentzug können ebenso hilfreich sein wie das Schreiben eines Psychologen, eines Polizeibeamten oder Geistlichen.

Beratung zur US-Greencard bei Vorstrafen

Dieser Blogbeitrag kann in seiner Kürze nicht die gesamte Bandbreite des Themas abdecken. Für die Frage, ob eine Ausnahmegenehmigung erforderlich ist und grundsätzlich erteilt werden kann, ist immer der Einzelfall zu prüfen. 

Sie sind von der geschilderten Problematik betroffen und haben Fragen? Unsere Experten für US-Visumsrecht beraten Sie gern individuell.

Thomas Schwab

Thomas Schwab

Rechtsanwalt Thomas Schwab berät seit vielen Jahren im US-Einwanderungsrecht und US-Visumsrecht und ist einer der wenigen vom Bundesverwaltungsamt als Auswandererberater zugelassenen Rechtsanwälte. Er berät zu den einschlägigen Visumsarten und begleitet den Visumsantragsprozess von den ersten strategischen Vorüberlegungen über die eigentliche Antragsstellung bis hin zum erfolgreichen Abschluss des Antragsverfahrens.

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