US-Einreisesperre aufgrund von Verurteilungen und Vorstrafen

US-Einreisesperre aufgrund von Verurteilungen und Vorstrafen

15.01.2018

Einreisewillige, die in der Vergangenheit schon einmal mit dem Gesetz in Konflikt gekommen sind, könnten Probleme bei der Einreise in die USA bekommen. 

In früheren Blogbeiträgen ("Vorstrafen sind im Visumsverfahren immer anzugeben!" und "ESTA und „Straftaten gegen die Sittlichkeit“, d.h. „Crimes Involving Moral Turpitude“) haben wir bereits darüber informiert, dass Verurteilungen bzw. Vorstrafen zwingend anzugeben sind, wenn eine elektronische Reisegenehmigung („ESTA“) oder ein Visum beantragt wird. 

Was aber zählt nun als Verurteilung nach dem US-Einwanderungs- bzw. Visumsrecht? Und was ist, wenn man zwar eine Vorstrafe hat, diese aber nicht im Führungszeugnis verzeichnet ist? Diese beiden Fragen wollen wir hier näher prüfen. In zukünftigen Blogbeiträgen werden wir dann die Optionen für Personen mit Verurteilungen näher erläutern und auch darauf eingehen, welche Voraussetzungen man erfüllen muss, um mit Aussicht auf Erfolg einen Antrag auf Aufhebung einer Einreisesperre stellen zu können. 

Definition einer Verurteilung nach US-Einwanderungs- bzw. Visumsrecht

Nach US-Einwanderungs- bzw. Visumsrecht wird das Wort „conviction“ (zu Deutsch: „Verurteilung“) in Sec. 1101(a)(48)(A) des 8. Buches des United States Code wie folgt definiert:

The term “conviction” means, with respect to an alien, a formal judgment of guilt of the alien entered by a court or, if adjudication of guilt has been withheld, where—

(i) a judge or jury has found the alien guilty or the alien has entered a plea of guilty or nolo contendere or has admitted sufficient facts to warrant a finding of guilt, and

(ii) the judge has ordered some form of punishment, penalty, or restraint on the alien’s liberty to be imposed.

Der erste Teil der Definition verlangt, dass der Ausländer durch ein formelles Gerichtsurteil für schuldig befunden worden ist. Falls kein förmliches Urteil erlassen wurde, liegt eine Verurteilung im Sinne des US-Einwanderungs- und Visumsrechts dennoch vor, wenn zwei Voraussetzungen erfüllt sind:

1.ein Richter hat oder Geschworene haben den Ausländer für schuldig befunden oder der Ausländer hat die Tat eingestanden, keine Einwände gegen die Anklage erhoben (nolo contendere) oder genügend Tatsachen zugegeben, die einen Schuldspruch rechtfertigen und  

2.der Richter hat eine Art Strafe verhängt (Geldstrafe oder Geldbuße, Freiheitsstrafe, Auflage o.ä.).

Laut Sec. 1101(a)(48)(B) des 8. Buches des United States Code ist bei der Prüfung, ob eine Verurteilung vorliegt, irrelevant, ob die durch das Gericht verhängte Freiheitsstrafe zum Teil oder ganz ausgesetzt oder nicht vollstreckt worden ist. 

Handelt es sich bei der Vorstrafe um eine „conviction“?

Weil eine conviction zu Einreisesperren führen kann, muss anhand der oben beschriebenen Definition geprüft werden, ob eine Vorstrafe überhaupt eine conviction nach dem US-Einwanderungs- bzw. Visumsrecht darstellt. Hierfür ist eine genaue Prüfung des rechtskräftigen Urteils des Gerichtes notwendig. Unter Umständen müssen auch andere Unterlagen des Verfahrens geprüft werden. Weil das Zusammenspiel zwischen US-Einwanderungs- bzw. Visumsrecht und Strafrecht kompliziert sein kann, ist es empfehlenswert, das Urteil durch einen Anwalt für US-Einwanderungs- bzw. Visumsrecht und einen Anwalt für Strafrecht prüfen zu lassen. 

Was ist, wenn man vorbestraft ist, aber ein Führungszeugnis ohne Eintrag vorlegen kann?

Wie in einem früheren Blogbeitrag näher erläutert, können sich Personen trotz rechtskräftiger Verurteilung unter Umständen nach deutschem Recht als unbestraft bezeichnen. Andere Länder, inklusive die USA, verfügen über ähnliche Gesetze, die es Personen ermöglichen, sich als unbestraft zu bezeichnen und Einträge von Verurteilungen löschen und Unterlagen vernichten zu lassen. 

Gegenüber US-amerikanischen Behörden kann sich ein Antragsteller allerdings nicht auf sein Recht, sich als unbestraft bezeichnen zu dürfen, berufen. Hierbei spielt es keine Rolle, ob man ein Visum oder eine ESTA-Genehmigung für eine visumsfreie Einreise beantragt. In jedem Fall muss der Antragsteller die verlangten Angaben machen. Falschangaben können strafrechtliche Konsequenzen haben. Wer im Visumsverfahren falsche Angaben macht, dem drohen bis zu zehn Jahre Freiheitsentzug, soweit keine erschwerenden Umstände hinzukommen (siehe Sec. 1546 des 18. Buches des United States Code). 

Dementsprechend ist es irrelevant, ob eine Person mit einer Vorstrafe ein Führungszeugnis ohne Eintrag vorlegen kann. Ist man vorbestraft, muss man die Verurteilung grundsätzlich angeben. Allerdings kann es sein, dass die Verurteilung oder Vorstrafe nach dem US-Einwanderungsrecht nicht als eine conviction gilt und sie also gar nicht angegeben werden müsste. In diesem Fall ist es empfehlenswert, die Verurteilung trotzdem anzugeben, aber den Antragsunterlagen ein Schreiben eines Anwalts hinzuzufügen, in dem erläutert wird, inwieweit die Verurteilung nach dem US-Einwanderungsrecht keine conviction darstellt.  

Was ist, wenn eine Begnadigung vorliegt?

Es gibt Fälle, bei denen eine rechtskräftige Verurteilung, die eine conviction darstellt, im Rahmen der Beantragung eines Visums, einer Reisegenehmigung oder bei Befragung durch US-Grenzbeamte dennoch nicht angegeben werden muss, wie z.B. im Falle einer Begnadigung. Die Voraussetzungen, unter denen dies möglich ist, sind jedoch sehr eng und komplex. Bevor man in einem solchen Falle eine conviction verschweigt, sollte man den Sachverhalt unbedingt von einem Anwalt für US-Einwanderungs- bzw. Visumsrecht und einem Anwalt für Strafrecht prüfen lassen.   

Gilt eine Einreisesperre?

Eine Verurteilung führt nicht immer zu einer Einreisesperre. Deswegen sollte vor Antragstellung immer genau geprüft werden, ob die vorliegende Verurteilung Grundlage für eine Einreisesperre ist oder nicht. In kommenden Blogbeiträgen werden wir die Einreisesperren beschreiben, die durch eine Verurteilung ausgelöst werden können, sowie erläutern, unter welchen Umständen eine Verurteilung dennoch nicht zu einer Einreisesperre führt.

Kann eine Aufhebung der Einreisesperre beantragt werden?

Auch wenn eine Einreisesperre gelten sollte, kann häufig eine Aufhebung der Einreisesperre beantragt werden – insbesondere bei Beantragung eines Nichteinwanderungsvisums. Eine sehr häufig genutzte Regelung für eine Aufhebung einer Einreisesperre ist zum Beispiel die sogenannte „212(d) waiver“. In künftigen Blogbeiträgen werden wir auch diese waivers näher beschreiben.

Sie sind von der geschilderten Problematik betroffen und haben Fragen? Unsere Rechtsexperten beraten Sie gern individuell.

Thomas Schwab

Thomas Schwab

Rechtsanwalt Thomas Schwab berät seit vielen Jahren im US-Einwanderungsrecht und US-Visumsrecht und ist einer der wenigen vom Bundesverwaltungsamt als Auswandererberater zugelassenen Rechtsanwälte. Er berät zu den einschlägigen Visumsarten und begleitet den Visumsantragsprozess von den ersten strategischen Vorüberlegungen über die eigentliche Antragsstellung bis hin zum erfolgreichen Abschluss des Antragsverfahrens.

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