Neues Verfahren bei Ausnahmegenehmigungen für US-Visa bei Verurteilungen, Vorstrafen, Krankheiten und Abschiebungen
12.11.2020
Antragsteller von US-Nichteinwanderungsvisa, die bereits vorbestraft bzw. wegen einer nicht geringfügigen Straftat verurteilt worden sind, benötigen eine Ausnahmegenehmigung (Waiver gem. INA 212(d)(3)(A)). Ohne eine vorher erteilte Ausnahmegenehmigung kann das Visum nicht ausgestellt werden. Aber nicht nur strafrechtliche Gründe machen eine Ausnahmegenehmigung erforderlich, sondern beispielsweise auch bestimmte Erkrankungen oder eine frühere Abschiebung aus den USA. Die wesentlichen Gründe sind in INA 212(a) bzw. 8 USC 1182(a) aufgeführt und können hier nachgelesen werden.
Über die Ausnahmegenehmigung entscheidet in der Regel eine Behörde des U.S. Department of State in den USA, nicht das US-Konsulat, wobei es Sache des Konsulatsbeamten ist, den Fall hierfür an die Behörde in den USA abzugeben. Das Foreign Affairs Manual, die Verwaltungsbestimmungen für Konsulatsbeamte, werden mehrmals im Jahr geändert, meistens betreffen diese Änderungen Kleinigkeiten. Kürzlich wurde jedoch das Verfahren zur Erlangung einer Ausnahmegenehmigung wesentlich geändert, inwiefern, möchten wir Ihnen im Folgenden gern erläutern:
Bisherige Vorgehensweise für US-Konsulatsbeamte bei Ausnahmegenehmigungen
Früher gab es (faktisch) folgende drei Möglichkeiten, wie US-Konsulatsbeamte mit Anträgen auf Erteilung von Ausnahmegenehmigungenzu verfahren hatten:
- Der Konsulatsbeamte „empfahl“ den Antragsteller von sich aus bei der Behörde und leitete den Fall mit einer Empfehlung zur Erteilung der Ausnahmegenehmigung weiter.
- Der Konsulatsbeamte wollte den Antragsteller nicht „empfehlen“ und musste den Fall dann dennoch – ggf. ohne eigene „Empfehlung“ – abgeben, wenn der Antragsteller darauf bestand.
- Der Konsulatsbeamte lehnte die Erteilung des Visums nicht wegen der Vorstrafe, sondern schlicht wegen „Einwanderungsabsichten“ bzw. gem. INA 214(b) ab. Die Vorstrafe spielte dann keine Rolle mehr, eine Ausnahmegenehmigung kann nicht erteilt werden.
Wollte der US-Konsulatsbeamte den US-Visumsantragsteller nicht für eine Ausnahmegenehmigung empfehlen, musste er den Fall früher trotzdem an die Behörde in den USAabgeben, wenn der Antragsteller darauf bestand: „You may not refuse an alien’s request to submit the waiver request to the Department.“ Das gilt nun nicht mehr.
Strengere Voraussetzungen für Empfehlung von Antragstellern an US-Behörden
Nach den neuen Verwaltungsbestimmungen muss der US-Konsulatsbeamte den US-Visumsantragsteller nur noch für eine Ausnahmegenehmigung an die US-Behörde empfehlen, wenn weitere Bedingungen erfüllt sind: „If you do not recommend that an alien be granted a waiver but the applicant or an interested party requests one, you must only refer the waiver request to the Department for review if you have reason to believe that the applicant's travel meets one of the five criteria listed below.“
Um den Fall an die US-Behörde weiterleiten zu können, muss mindestens eine der fünf folgenden, in 9 FAM 305.4-3(E)(2) genannten Bedingungen erfüllt sein:
- Foreign Relations: Das Kriterium ist erfüllt, wenn die Ablehnung des Visums zu bilateralen Irritationen führen oder zwischen einem ausländischen Regierungsmitglied und einem hochrangigen Mitglied der US-Regierung thematisiert werden könnte.
- National Security: Das Kriterium ist erfüllt, wenn der Einlass des Antragstellers in die USA sich positiv auf die nationalen Sicherheitsinteressen der USA auswirken würde.
- Law Enforcement: Das Kriterium ist erfüllt, wenn der Einlass des Antragstellers in die USA sich positiv auf die Durchsetzung von US-Gesetzen auswirken würde.
- Significant Public Interest: Das Kriterium ist erfüllt, wenn durch den Einlass in die USA ein maßgebliches öffentliches US-Interesse gefördert würde.
- Urgent Humanitarian or Medical Reasons: Das Kriterium ist erfüllt, wenn humanitäre oder medizinische Gründe für den Einlass in die USA sprechen.
Experteneinschätzung zu Neuregelungen bei Ausnahmegenehmigungen
Im Normalfall, gerade im Zusammenhang mit Touristenvisa, aber sicher auch bei „normalen“ Arbeitsvisa, dürften diese Bedingungen nur selten erfüllt werden können. Ob dies am Ende im Ergebnis zu einem Unterschied zur bisherigen Praxis führt, ist damit nicht gesagt, hatte der Konsulatsbeamte doch bisher schon die Möglichkeit, wegen Einwanderungsabsichten abzulehnen, wenn er keine Empfehlung aussprechen wollte. Wir hatten in unserer Praxis leider durchaus – wenn auch nicht allzu oft – den einen oder anderen Fall, in dem wir die Unterstellung von Einwanderungsabsichten beim Mandanten nicht wirklich nachvollziehen konnten. Was sich allerdings in den meisten Fällen erübrigen dürfte, ist, nach einer Ablehnung der Visumserteilung wegen einer Vorstrafe, das Konsulat gegen seine Einschätzung um Weiterleitung des Falls in die USA zu bitten.
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