Praxis zur Erteilung einer National Interest Exception (NIE) für die USA verschärft

Praxis zur Erteilung einer National Interest Exception (NIE) für die USA verschärft

05.03.2021

Die Welle der Änderungen im US-Visumsrecht scheint nicht abzureißen. Für Unternehmen und Investoren, die in Geschäftsbeziehung zu den USA stehen, ist es dadurch schwer, sowohl den Überblick zu behalten als auch mittel- bis langfristig zu planen. Nun gibt es auch Änderungen bei der Erteilung der National Interest Exception, die auf eine Neufassung des Begriffs „national interest“ durch das U.S. Department of State vom 02.03.2021 zurückzuführen sind.

NIE für Techniker und Investoren nur bei Betroffenheit kritischer Infrastruktur

Das US-Konsulat Frankfurt hat nun in einer Rundmail darauf hingewiesen, dass ab sofort Techniker und Investoren keine National Interest Exception (NIE) mehr erhalten, soweit nicht besondere Voraussetzungen vorlägen. Eine NIE könne nur noch erteilt werden, wenn die Reise notwendig für die Aufrechterhaltung der kritischen Infrastruktur sei, welche wie folgt spezifiziert wird: „Critical infrastructure sectors are defined as chemical, communications, dams, defense industrial base, emergency services, energy, financial services, food and agriculture, government facilities, healthcare and public health, information technology, nuclear reactors, transportation, and water systems.“

Um eine NIE für solche Bereiche erteilen zu können, verlangt das Konsulat ein Schreiben, aus dem genau hervorgeht, 

  • welcher der oben genannten Bereiche im konkreten Fall betroffen ist, 
  • weshalb die Tätigkeit, die der Antragsteller erbringen soll, zur Aufrechterhaltung der kritischen Infrastruktur unbedingt erforderlich ist und
  • inwiefern der Antragsteller sich für die Erbringung dieser Tätigkeiten besonders qualifiziert.

Visakategorien und Reisezwecke für National Interest Exception

Auf seiner Webseite nennt das US-Konsulat Frankfurt nochmals die Visakategorien bzw. Reisezwecke, für die eine NIE erteilt werden könne:

  • Unbedingt notwendige Unterstützung für kritische Infrastruktur
  • Akademisch (einige J-1 Visa
  • Studenten (F-1, M-1, oder J-1 Visa)
  • Journalisten (I-Visa
  • Humanitäre Reisen
  • Gesundheitswesen (inklusive der Minderung von COVID-19)
  • Nationale Sicherheit der Vereinigten Staaten

Das Konsulat weist ferner darauf hin, dass Anträge nur gestellt werden können von Personen, die die deutsche Staatsbürgerschaft haben oder eine Aufenthaltserlaubnis für Deutschland. Ob für EU-Staatsbürger, die in Deutschland leben, eine Meldebescheinigung genügt, ist unklar; eine Aufenthaltserlaubnis können diese Personen, auch wenn sie hier ihren Hauptwohnsitz hätten, nicht vorlegen.

Längere Bearbeitungsdauer für NIE beim US-Konsulat

Weiterhin weist das US-Konsulat darauf hin, dass sich die Bearbeitungszeiten verlängert haben. Es dürfte also in nächster Zeit nicht möglich sein, eine NIE innerhalb weniger Tage zu erhalten, wie das bislang meistens der Fall war.

Erteilung von E-Visa nur für den Bereich „kritische Infrastruktur“?

Was Grund für diese Verschärfung ist, ist nicht bekannt und gerade im Hinblick auf E-Visa, die letztlich auf einen langfristigen Aufenthalt in den USA angelegt sind, nicht ganz nachvollziehbar. Alle Informationen des US-Konsulats Frankfurt lesen sich so, dass auch E-Visa nur für den Bereich „kritische Infrastruktur“ erteilt werden können. Anders scheint die Lage in Frankreich zu sein. Ausweislich der Webseite des US-Konsulats in Paris können NIEs auch erteilt werden, wenn dies den USA einen „substantial economic benefit“ bringt, wobei die Anforderungen hier allerdings sehr hoch („very high“) seien.

Bereits erteilte NIEs für die USA weiterhin gültig

Eine gute Nachricht gibt es allerdings: Bereits erteile NIEs verlören ihre Gültigkeit durch die neuen Regelungen nicht, wie es explizit in der Verlautbarung des U.S. Department of State heißt.

Proklamationen zur Coronaeinreisesperre beachten

US-Visaantragssteller müssen inzwischen einige präsidiale Proklamationen beachten, so z.B. die Proklamationen 9993 (11.03.2020), 10041 (24.05.2020),10014 (22.04.2020),10143 (25.01.2021). Mit einer weiteren Proklamation am 24.02.2021 hat Präsident Biden den Vergabestopp für Einwanderungsvisa – familienbasierte und arbeitsplatzbasierte –, den Donald Trump zum Schutz des US-Arbeitsmarkts eingeführt hatte, aufgehoben.  

Es gelten allerdings weiterhin die Proklamationen zur Coronaeinreisesperre, wonach z.B. einfache Touristen nicht in die USA reisen dürfen, auch nicht zum Besuch von Verwandten, soweit nicht besondere Voraussetzungen vorliegen. Es gab und gibt allerdings einige, wenn auch sehr enge, Ausnahmen von dieser Einreisesperre. So können Personen in die USA reisen, um z.B. Verwandte (US-Bürger, Greencardinhaber, Personen mit einem Arbeitsvisum etc.) zu pflegen, oder Personen, die selbst eine lebenswichtige medizinische Behandlung in den USA durchführen lassen wollen.
 

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Sie interessieren sich für ein US-Visum oder eine US-Greencard? Gern sind Ihnen unsere Experten für US-Visumsrecht dabei behilflich. Sie erreichen uns am besten per E-Mail (info@visum-usa.com) oder gern auch telefonisch (+49 69 76 75 77 85 26).

Thomas Schwab

Thomas Schwab

Rechtsanwalt Thomas Schwab berät seit vielen Jahren im US-Einwanderungsrecht und US-Visumsrecht und ist einer der wenigen vom Bundesverwaltungsamt als Auswandererberater zugelassenen Rechtsanwälte. Er berät zu den einschlägigen Visumsarten und begleitet den Visumsantragsprozess von den ersten strategischen Vorüberlegungen über die eigentliche Antragsstellung bis hin zum erfolgreichen Abschluss des Antragsverfahrens.

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