Frage nach Vorstrafen: Welche Vorstrafen müssen bei Visum und ESTA angegeben werden?

Frage nach Vorstrafen: Welche Vorstrafen müssen bei Visum und ESTA angegeben werden?

31.07.2023

Die Frage nach Vorstrafen und ihre Auswirkungen auf die Einreise in die USA werfen wichtige Fragen auf. Insbesondere die unterschiedliche Formulierung der Vorstrafenfrage im ESTA-Formular und im Visumsantragsformular DS-160 sorgt für Unklarheiten.

In vielen Fällen, in denen eine Vorstrafe vorliegt, auch wenn sie nicht (mehr) im Führungszeugnis steht, besteht ein Einreiseverbot in die USA. Ausnahmen gibt es für Nichteinwanderungsvisa.
 

Genauer Wortlaut der Vorstrafenfrage bei ESTA und Visumsantrag

Die Frage zu den Vorstrafen ist im Formular zur Beantragung einer elektronischen Reiseerlaubnis („ESTA“) anders formuliert als im Visumsantragsformular DS-160.

Bei ESTA wird gefragt:

“Have you ever been arrested or convicted for a crime that resulted in serious damage to property, or serious harm to another person or government authority?”

Das Formular DS-160 fragt:

“Have you ever been arrested or convicted for any offense or crime, even though subject of a pardon, amnesty, or other similar action?”

„Crime Involving Moral Turpitude“ führt zur Ablehnung des Visumsantrags

Nicht jede Straftat oder Verurteilung führt dazu, dass ein US-Visum nicht bzw. nur mit Ausnahmegenehmigung (Waiver) erteilt werden darf, sondern in der Regel nur ein „Crime Involving Moral Turpitude“, wie sich aus INA 212(a)(2) ergibt. Was darunter zu verstehen ist, ist im Gesetz leider nicht definiert.

Das U.S. Department of State (Oberbehörde der US-Konsulate) und das U.S. Department of Homeland Security (Oberbehörde der USCIS, der US-Einwanderungsbehörde) gehen aber, ebenso wie diverse Gerichte, davon aus, dass der Vorsatz, andere Personen oder Sachen zu schädigen, ein wesentliches Merkmal sei.

Vorstrafenfrage bei Visum weiter gefasst

Die Frage nach Vorstrafen im DS-160 ist weiter gefasst ist als die Frage im ESTA-Formular. Vermutlich soll der Konsulatsbeamte über alle relevanten Umstände Bescheid wissen, um dann ein eigenes Urteil darüber fällen zu können, welche Folgen ein Vorfall hat. 

Missverständliche Formulierung im ESTA-Verfahren

Das automatisierte ESTA-Verfahren, das nur von Touristen, die für einen Kurzaufenthalt in die USA reisen und ein Rückflugticket haben müssen und zudem aus Staaten kommen, die gewisse Standards erfüllen, ist offenbar weniger streng. Aber auch hier stellt sich die Frage, was mit „serious harm“ gemeint ist. Auch dieser Begriff ist nicht näher definiert. Es spricht einiges dafür, dass dabei an den in anderen Rechtskreisen in der Regel nicht bekannten Begriff „moral turpitude“ (s.o.) gedacht wurde. Die Frage enthielt ehemals tatsächlich diesen Begriff. Die offizielle deutsche Übersetzung spricht dann aber missverständlich von „Sittlichkeitsverbrechen“. Konkret spricht einiges dafür, dass z.B. eine Verurteilung wegen einfacher Beleidigung durch Worte (Schmähung u.ä.) nicht darunterfällt. Auch, weil es einen vergleichbaren Straftatbestand in den USA so wie in Deutschland nicht zu geben scheint.

Aber auch eine Verurteilung wegen Trunkenheit am Steuer („DUI“, „Driving Under Influence“) bedeutet wohl nicht, dass die Frage bei ESTA mit „Ja“ beantwortet werden müsste – jedenfalls wenn es nicht auch zu einem Personen- oder Sachschaden gekommen ist.

Im Zweifel mit „Ja“ antworten

Im Zweifel ist immer zu raten, „Ja“ anzugeben, eine Ablehnung in Kauf zu nehmen und ein Visum zu beantragen, damit der Konsulatsbeamte anhand des konkreten Sachverhalts entscheiden kann, ob er ein Visum erteilen kann oder ob dafür eine Ausnahmegenehmigung benötigt wird.

Wir beraten zum US-Visum

Die Frage, ob für ein Visum eine Ausnahmegenehmigung erforderlich ist und grundsätzlich erteilt werden kann, muss immer im Einzelfall geprüft werden. Sie interessieren sich für ein US-Visum oder eine US-Greencard? Gern sind Ihnen unsere Experten für US-Visumsrecht dabei behilflich. Sie erreichen uns am besten per E-Mail (info@visum-usa.com) oder gern auch telefonisch (+49 69 76 75 77 85 26).

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Thomas Schwab

Thomas Schwab

Rechtsanwalt Thomas Schwab berät seit vielen Jahren im US-Einwanderungsrecht und US-Visumsrecht und ist einer der wenigen vom Bundesverwaltungsamt als Auswandererberater zugelassenen Rechtsanwälte. Er berät zu den einschlägigen Visumsarten und begleitet den Visumsantragsprozess von den ersten strategischen Vorüberlegungen über die eigentliche Antragsstellung bis hin zum erfolgreichen Abschluss des Antragsverfahrens.

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